Interview mit Egon Buchecker anlässlich der YCL-GV 2020 März 2020

von Susan Buchecker

Weshalb und wie wurdest Du Segler?

Vermutlich sind es meine Gene oder meine holländischen Wurzeln?

Ein Bruder meiner Mutter, der in Amsterdam geborenen Juliette Philippona, publizierte 118 das holländische Sachbuch „ONZE WATERSPORTEN“, Hauptthema „Zeilen“ (Segeln).

Dazu einige Stichworte:

  • Genf:
    Hier studierte ich von 1943 – 1944. Am Weg zu meiner Studentenunterkunft entlang des Quai Gustave Ador bis zur SNG sah ich auf einem Bänkli die grossen Yachten nur durch leichte Winde getrieben auslaufen. Das wollte ich auch mal können, schwor ich mir.
  • Sommerparty in Anivier:
    Hier stand die Villa der segelverrückten Familie Martin-du-Pan. Zwei Segelboote waren bereit zum Auslaufen. Ich stand sofort an, damit ich erstmals auf einer kleinen Segeljolle „Snipe“ als Ballast ca. 20 Minuten mitsegeln durfte. Da war es um mich geschehen: ich war besessen von der Idee, Segler zu werden.
  • Segelausbildung:
    Nach der RS im Januar 1945 kaufte ich in Zürich alle damals verfügbaren Bücher über das Segeln: Roost, Manfred Curry etc. Es gab damals keine Segelschule in Luzern, nur in Genf und Hilterfingen. Also musste ich segeln lernen durch intensives Lesen.

Welches war Dein erstes Boot?
Mein erstes Boot war ein Pirat. Auch dazu ein paar Stichworte:

  • Miete eines Piraten:
    Ich liess zuhause immer Yachtbücher herumliegen. Obwohl ich noch nie an einer Pinne gesessen hatte, erzählte ich im Frühling 1945 meinem Vater, dass ich nun segeln könne. Das irritierte ihn so, dass er an einem schönen Nachmittag vorschlug, bei Herzog einen Piraten für zwei Stunden zu mieten. Schwitzend übernahm ich die Pinne. Vater zwängte sich ins Boot, und los ging’s gemäss Theorietext in den Büchern. Nach der erfolgreichen Andockung am Steg akzeptierte Vater, dass ich segeln könne.
  • Kauf eines Piraten:
    Einige Wochen später erschien im Luzerner Tagblatt ein Inserat mit folgendem Angebot: Segeljolle Pirat neu, Pedrazzini Bau, Fr. 2’400.00, Werft de Berti, Alpenquai Luzern. Ich wollte natürlich sofort das Boot sehen und fuhr mit Vater ins Geschäft und wollte von dort zu Fuss zu de Berti. Wir fuhren dann aber gemeinsam weiter und sahen uns den Piraten an. Er stand auf dem Slipwagen und sah so viel grösser aus als im Wasser. Da stellte Vater fest, dass der Preis vernünftig sei und er das Boot kaufe, sofern wir noch am gleichen Nachmittag segeln könnten. Mein zweiter Segeltörn verlief wieder gut.
    Es war aber ein Kauf mit Konditionen: ein Bojenplatz am Steiger-Steg, Eigentum mit Bruder Edgar teilen, keine Folgekosten für Vater (Unterhalt, Bojenmiete etc.). Sonst würde Vater das Boot wieder verkaufen.

Wie kamst Du zum Yacht-Club Luzern?

Der Yacht-Club Luzern war am 5. Oktober 1941 gegründet worden von fünf Segelbootbesitzern.
Nachdem ich nun den Piraten hatte, meldete sich 1945 Alphons von Vivis, Vizepräsident des YCL, bei mir und bat mich, dem jungen YCL beizutreten. Ich sagte mit Freuden JA. Im gleichen Jahr wurde auch Ernst Brauchli als Eigner eines Piraten (Selbstbau als Schreiner-Gesellenarbeit) aufgenommen. So kam der YCL zur ersten Flotte von vier Piraten (neben Ernst Brauchlis und meinem Boot noch diejenigen von Hugo Fröhlich und Franz Engelberger).  Wir Neulinge hatten perfekte Sparring-Partner und lernten regattieren als Vorschötler in auswärtigen Regatten. Ernst und ich konnten jeweils die Transporte auf unseren Firmen-Lieferwagen übernehmen.

Wie war der Pirat damals ausgerüstet, und wie waren die Regattakurse ausgelegt?

Die Segel waren aus Baumwolle, neue Segel durften nur auf räumlichen Kursen eingetrimmt werden und sollten nicht nass werden. Es gab nur Holz-Klampen für Falle, Grossschot und Fockschoten. Erst ca. 1948 kamen die Curry-Klemmen auf den Markt.

Alle Starts waren ab endloser Startlinie, einsehbar durch zwei grosse Dreiecke an Land und Auslauf- bzw. Einlaufbojen. Es gab immer genug Platz am Start, aber Schwierigkeiten bei den Auslauf- und Einlaufbojen.

Da gab es doch einmal eine Zwangspause vom Segeln…?

Ja! Von Januar 1947 bis Anfang Dezember 1947 weilte ich in London für eine Weiterbildung an der Swiss Mercantile School und ein Praktikum in einem Londoner Einrichtungshaus auf der Glas-Porzellan-Etage. Zu dieser Zeit war kein Segelsport möglich.

Wie ging es weiter mit dem YCL?
Dazu wieder ein paar Stichworte:

  • YCL Bootssteg Tivoli:
    1952 half ich mit bei der Errichtung des ersten YCL-Bootssteges im Tivoli.
  • Erstes Clubhaus:
    1955 baute das Tivoli dann auf Initiative des YCL das alte Badehaus in ein Clubhaus des Yacht-Clubs Luzern und des Tennis-Clubs Luzern um. Dies war eine komfortable Lösung für die beiden Clubs beim damaligen Mitglieder- und Bootsbestand.
  • Neubau Clubhaus am Churchill-Quai:
    Anlässlich des Neubaus des neuen tollen Clubhauses am Churchill-Quai habe ich bei den Fronarbeiten tüchtig mitgeholfen. Sofern ich gesundheitlich und zeitlich fähig war, habe ich fleissig an den jährlich zweimaligen Frontagen mitgemacht und habe mich immer gefreut, mit den neuen Mitgliedern in Kontakt zu kommen.
  • Sekretariat des YCL
    Von 1954 bis ca. 1960 wurde mir das Sekretariat des YCL anvertraut. Die Buchecker AG kaufte die nötigen Bürodruckmaschinen, damit ich abends alle Seiten drucken konnte. Die Couverts wurden adressiert und am Familientisch gefüllt und frankiert.
  • Crystal-Cup des YCL
    Der Crystal-Cup des YCL war eine Langstrecken-Regatta, die von Luzern in den Urneersee (Sisikon) und zurück nach Luzern führte. Ich stiftete dafür eine in den Buchecker-Werkstätten aufwändig gravierte Kristall-Vase und handbemalte Teilnehmer-Becher. Gute und schlechte Wetterbedingungen in den kommenden Jahren zwangen die Wettfahrtleitung, Kursvarianten auszuschreiben.

Die Entwicklung bei den 15-er SNS?

  • Vom Pirat zum 15-er
    1952 ermunterte mich Fritz Dedial vom Yacht Club Zürich (damaliger 15 SNS Besitzer und Mentor der 15-er in der Deutschschweiz), einen Occasions 15-er 15/41 zu kaufen: das war die CARINA I. Auch Ernst Brauchli hatte einen 15-er TAJO von Walter Ammann gekauft. Das war der Anfang der 15-er Klasse im YCL, still going strong….
  • 1955, die 1. Internationale Segelwoche

Nachdem der schöne Ausbau zum Clubhaus Tivoli feststand, wurde zur 1. Internationalen Segelwoche in Luzern eingeladen. In meinen Erinnerungen starteten die 5mIR, die Starboote zu Schweizermeisterschaften und die 15-er. Es war herrliches Wetter, pro Tag ein Lauf, am Abend jeweils ein Programm und ein Abschlussball im Saal des Hotels Tivoli. Für mich bleibt dieser Anlass speziell in Erinnerung, weil ich eine fröhliche Bekannte aus meinem London-Jahr als Single Crew nach Luzern eingeladen hatte. Sie lernte die nötigen Handgriffe schnell. Die Pointe war aber, dass Ailsa die einzige internationale Teilnehmerin war. Luzern und ich müssen ihr gefallen haben, hat sie mich doch später mein ganzes Leben begleitet!

  • Vorschot bei Fritz Dedial

In diesen Jahren hat mich Fritz Dedial zu vielen Meisterschaften an den Genfersee als Single Crew angeheuert. Sein Französisch war ihm nämlich nicht so geläufig, dass er an den Jahresmeetings und Protestverhandlungen seine technischen Anliegen en français durchsetzen konnte.

  • Krise bei den 15er am Lac Léman – Chance für die Deutschschweiz
    Der Schwerpunkt der 15er verschob sich vom Lac Léman nach Luzern-Zürich. Die Romands hatten keine Trailer, wogegen wir sehr mobil ausgerüstet waren. Die massgebenden Lausanner beantragten die Liquidation der 15er Klassenvereinigung, worauf wir das Heft in die Hand nahmen und Neubauten forcierten.
    Die drei bei Hunziker Horw gebauten Britton Chance Risse 15/148, 15/149 und 15/150, die ersten formverleimten Yachten, waren der Anfang. Danach wurden mehrere Dreiergruppen in unseren Gegenden gebaut.
    Seit 1980 wurden 24 neue 15er nach verschiedenen Rissen gebaut. Momentan laufen Anstrengungen, die 15m“ SNS in 4m IRC umzubenennen. Unser neues Logo reflektiert dies bereits.
  • CARINA III und die Gegenwart
    1998 war es mir möglich, das Boot meines Wunsches zu kaufen: 15/148. Die CARINA II 15/99 hatte ich an Vroni Schwitter verkaufen können, die später bei Pius Wäger dann CROSSWATER 15/159 kaufte.
    Momentan sind fünf regattafähige 15er im YCL. Ausser den Staren gibt es kaum eine  langlebige aktive Yachtklasse und Backbone der auswärts startenden YCL-Yachten.
    Die 75 Jahre haben die 15-er schon hinter sich!

Möchtest Du noch ein Schlusswort an die YCL Mitglieder richten?

Nun – nach 75 schönen Jahren als Mitglied des grossartigen Yacht Club Luzern freue ich mich auf die Regatten in Luzern und anderorts. Ich danke allen Yachtclüblern, Damen und Herren für Eure Freundschaft. Ich fühle ich bei Euch vögeliwohl!

Long live the YCL                        Egon